“Florin Kompatscher weigert sich, die Malerei infrage zu stellen, und doch werfen seine Bilder dazu Fragen auf. Er bedient sich eines Repertoirs, dessen prägnante Vielschichtigkeit er seit über 40 Jahren entwickelt und ausgebaut hat. Freilich richten sich zumeist die Blicke nur auf die gerade aktuelle Periode seines Schaffens. Was fehlt, ist der Versuch, einzelne Linien herauszuarbeiten, die das Werk jenseits der jeweiligen zeitbedingten Zugriffsart und der Lust an der Originalität des Augenblicks und seiner malerischen Fassung in Spannung hält. Die Arbeiten bestechen durch eine nahezu forcierte Opulenz, durch ihr Spiel mit Farbe, Schraffur und Schichtungen – ein intensives suggestives Spiel, dem sich weder der Künstler noch sein Publikum zu entziehen vermögen. Kompatscher spricht von Nuancen, von Tönungen, von Farbtönen und bringt dafür den Begriff tint auf, ein aus dem Englischen stammender spröder, einsilbiger Begriff, den man spontan französisch, also falsch und ohne zuordenbare Bedeutung, aussprechen möchte, wie ein Wort aus einem autochthonen Dialekt mit wohlig klingendem Laut, der wie ein Ruf auf hoher See nachhallt und eine Stimmung aufbaut, die sich vom Ort zu lösen scheint und doch immer auch eine konkrete Situation meint. Der Teint/e der Malerei – ein Wortspiel um die Vitalität, Materilität und Wertigkeit der Malerei, die man ihr zuschreibt, wenn sie einen direkt anspricht, wenn die Leinwand wie bemalte, verwitterte Haut und ihre durchgearbeiteten Oberflächen Einschreibungen und Geschichten zu tragen (teint) scheinen oder einfach nur Farbe in all ihren Tönen (teinte).”
Auszug aus dem Text “Fraglos Malerei. Tint Teint/e Painting” von Sandro Droschl im Katalog TINT, herausgegeben von Galerie Thoman, Snoeck Verlag, 2021 mit Texten von Gregor Jansen und Margareta Sandhofer