PORT DE BRAS

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Es sind merkwürdige Zeitgenossen, Anna Graths Gehänge und Gestelle. Mal kommen sie einem

wie ein Kind vor, das einer strengen Erzieherin in die Hände geraten ist, mal wie das Resultat des

Spiels der Kinderhände selbst. Beide, Erzieherin wie Kind, hätten mit einem Sinn für Geometrie

gewirkt und ihrem je unterschiedlichen Tun eine Ordnung verpasst. Diese Ordnung erscheint

ebenso zufällig wie streng, wenn alle Teile „auf Biegen und Brechen“ aneinander gefügt sind und

sich aus den heterogenen Bestandteilen ein zwar von der Form her dünner, in sich aber logisch

fortlaufender Zusammenhalt ergibt. Widerspenstiges Material sollte dafür gefügig gemacht werden,

reagiert jedoch keineswegs immer „gehorsam“, sondern steht weiterhin spitz ab oder baumelt lose

herum.


Laufend überschneiden sich in Anna Graths Praxis die bildhauerischen Materialisierungen mit den

Metaphern für Aufzucht oder Aufwachsen: So interessiert sich die Künstlerin für das Propfen,

mithin für eine botanische Vermehrungs- und Veredelungstechnik, bei der sich eine mit bestimmten

Wunscheigenschaften ausgestattete Sorte aus einer Wirtspflanze heraus entwickelt.

Beugen, biegen, binden – darunter können wir handwerkliche formgebende Tätigkeiten, im

psychophysischen Sinn dem Propfen vergleichbar, aber auch Methoden für Erziehung und

Unterwerfung verstehen; dann zielen sie auf Subjektivierung. Nun ist solcher Einfluss der Macht in

Anna Graths Plastiken nicht direkt angesprochen. Auf indirekte und subtile Weise lässt er sich aber

in ihren auf den ersten Blick heiter und harmlos daherkommenden Objekt-Konglomeraten dennoch

ausmachen. Denn Unterordnung, ein Begriffsäquivalent für Subjektivierung, bezeichnet bereits vom

Wort her eine Verwandtschaft mit der Ordnung, eben eine spezifische Einfügung in eine Hierarchie.

In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam, dass die Mehrzahl von Anna Grath Arbeiten um eine

Leerstelle kreisen.  

Auch bei großformatigen Plastiken scheinen die Leerstellen, die die Objekt-Ruten umschreiben,

ebenso wichtig wie die Rahmen selbst. Sie erinnern an Sprechblasen, die schließlich ihren Rand, die

Schläuche, Schnüre, Bänder, Kabel und Ketten für sich sprechen lassen.


Textauszug aus: Hanne Loreck „BIEGEN, BEUGEN, BRECHEN“ erschienen in „Im Zustand der

Starre kann man Stabheuschrecken wie Streichhölzer zusammenfügen ohne dass sie die geringste

Bewegung machen“ Anna Grath 2017


Philipp Haverkampf freut sich Anna Grath (*1983  in Immenstadt, lebt und arbeitet in Hamburg),

ihre erste Einzelausstellung in Berlin, in der Galerie Philipp Haverkampf auszurichten.



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They are strange contemporaries, Anna Grath’s hangers and frames. Sometimes they seem like

children, which have come into the hands of a strict educator, and at times as if the result of the

hands of the children themselves. Both, the educator and the child, would have worked with a sense

of geometry and had given their ever different actions an order, This order appears just as random

as it is rigorous, when all parts are joined together “on bending and breaking” and the

heterogeneous components result in a thinner, but logically continuous cohesion. Unruly material

should be made docile, but by no means always “obedient”, rather still pointed or loosely dangling

around.


In Anna Grath’s practice, the sculptural materializations with the metaphors for rearing or growing

up constantly overlap: for example, the artist is interested in grafting, and thus in a botanical

propagation and refinement technique, in which a variety with a certain desired characteristic

develops out of a host plant.

Bend, bow, bind – we can understand craftsmanship-shaping activities in the psychophysical sense

of grafting, but also methods of education and submission; then they aim for subjectivation. Now,

such influence of power in Anna Grath’s sculptures is not directly addressed. In an indirect and

subtle way, however, it can still be identified in its apparently cheerful and harmless object

conglomerates. For subordination, a conceptual equivalent for subjectivization, already signifies a

kinship with the order, just a specific insertion into a hierarchy. In this context, it is significant that

the majority of Anna Grath’s works revolve around a blank space.

Even in large-format sculptures, the blanks that describe the object’s rurals seem as important as the

frames themselves. They are reminiscent of speech bubbles that finally make their edges, hoses,

cords, ribbons, cables and chains speak for themselves.


Excerpt from: Hanne Loreck “BIEGEN, BEUGEN, BRECHEN” published in “Im Zustand der

Starre kann man Stabheuschrecken wie Streichhölzer zusammenfügen ohne dass sie die geringste

Bewegung machen” Anna Grath 2017



Philipp Haverkampf is pleased to present the first solo exhibition of Anna Grath (*1983 in

Immenstadt, lives and works in Hamburg) in Berlin, at Philipp Haverkampf Gallery.


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